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Die Euro-Krise ist zurück

 

Die Euro-Krise ist zurück

Engin Eroglu, Europaabgeordneter FREIE WÄHLER




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Im Grunde war sie nie weg, die Euro-Krise, sie war lediglich in den Hintergrund der öffentlichen Wahrnehmung getreten. Vorgestern habe ich, das erste Mal wieder nach längerer Zeit, einen Artikel bei Focus online (https://amp.focus.de/finanzen/ezb-zinswende-ein-scheitern-mit-ansage_id_107967293.html) gelesen, in welchem von einem wahrscheinlichen Endes des Euro ausgegangen wird. Die Hilflosigkeit der EZB, auf die Krise reagieren zu können, zeigt sich in einem ersten, zaghaft für Juli angekündigten Zinsschritt von 0,25 Prozentpunkten. Die amerikanische FED ist in der dritten Erhöhungsrunde, zuletzt mit +0,75%. Alleine schon durch Ankündigung und Umfeld sind die Zinsen für die Langzeitanleihen der europäischen Krisenstaaten empfindlich gestiegen. Überschuldung mag ein generelles EU-Problem sein, Länder wie Italien, mit einer Schuldenquote von 150 Prozent des BIP, haben bereits heute mit gestiegenen Zinssätzen für länger laufende Anleihen zu kämpfen.

Auf europäischer Ebene geistert mehr und mehr – selbst unter den mit Wirtschaft befassten Personen – die Frage durch die Flure, was die Aufgabe der EZB sein soll. Ich empfehle all jenen, die hier unsicher sind und politische Gestaltungsräume wittern, einen Blick in die Verträge (in diesem Fall in den Lissabon-Vertrag, bzw. der durch ihn konsolidierten Fassung des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union und das zugehörige Protokoll über die Satzung des europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB), sowie der Europäischen Zentralbank (EZB) und die aus ihm hervorgehende Satzung des ESZB und der EZB). In Kapitel II des erwähnten Protokolls ist unmissverständlich nachzulesen:
ZIELE UND AUFGABEN DES ESZB Artikel 2 | Ziele Nach Artikel 105 Absatz 1 dieses Vertrags ist es das vorrangige Ziel des ESZB, die Preisstabilität zu gewährleisten.

Im bestehenden Euro-System hat die EZB im Grunde nur zwei Möglichkeiten: Bekämpft sie die Inflation, wozu sie nach den Verträgen verpflichtet ist und akzeptiert den Bankrott der zu stark überschuldeten Staaten, oder riskiert sie eine galoppierende Inflation, sinkenden Wohlstand und am Ende einen wirtschaftlichen Abschwung im gesamten Europäischen Wirtschaftsraum. Die vorsätzliche Rettung von Staaten durch die EZB ließe sich unzweifelhaft als eine Form von Staatsfinanzierung interpretieren, welche erstens nicht ihre Aufgabe und zweitens durch die sog. No-Bailout-Klausel (Art. 104b EG, Vertrag | übertragen in Art. 125 AEUV Vertr. von Lissabon) vertraglich verboten wurde. Nichtsdestotrotz beginnt die EZB zeitgleich zu ihrer spärlichen Zinserhöhung, verstärkt Schrott-Anleihen der Krisenstaaten aufzukaufen, um deren finanziellen Absturz zu verhindern.

Eine Lösung für die prekäre Finanzsituation diverser Mitgliedsländer zu finden, wäre jedoch die Aufgabe der Politik und nicht der als unabhängige Institution begründeten Währungshüter. Ein Grundfehler des Euro ist die weitgehend nicht eingetretene Konvergenz in der Eurozone und die zu verschiedenen Wirtschaftsräume, welchen nicht mit dem Korsett einer gemeinsamen Währung dauerhaft stabil funktionieren können.

Daher gibt es mehrere Lösungsansätze, die wir verfolgen müssen:

  • Zum Einen auf der Ebene der Währung: wir brauchen einen geregelten Mechanismus, mit dem Euro-Länder (aus dem Euro aussteigen können und später unter veränderten Rahmenbedingungen auch wieder aufgenommen werden zu können.

  • Zum Zweiten brauchen wir Änderungen in der Organisation der EZB: Große Länder, mit entsprechend großen Haftungsanteilen an der EZB, müssen auch entsprechende Stimmrechtsgewichtungen haben.

  • Drittens müssen wir die praktischen Rahmenbedingungen für geordnete Staatsinsolvenzen in der EU schaffen. Dazu ist zum Beispiel wichtig – den sogenannten 'Doom Loop' (Staaten können nicht pleitegehen, weil sonst Banken pleitegehen und andersherum) zu durchbrechen. Dafür ist es wichtig, die Anreize für Banken zu reduzieren, Staatsanleihen zu halten. Bisher werden die EU-Staatsanleihen in der Bankenregulierung per Definition als risikofrei eingestuft – dass dies dem eigentlichen ökonomischen Risiko nicht entspricht, ist insbesondere bei südeuropäischen Staatsanleihen offensichtlich. Diese Fehlregulierung müssen wir korrigieren!